2011
präparierte Singdrossel auf Kanzel, über
Kirchenlautsprecher abgespieltes
Vogelgezwitscher
Michaelskirche, Brixen
Ein Vögelchen zwitschert in der Brixner Michaelskirche. Hat es sich verirrt oder sucht es vergeblich einen Ausweg? Unwillkürlich macht man sich auf die Suche und findet es schließlich: Es steht auf der Kanzel.Eine ausgestopfte Singdrossel, deren Gezwitscher vom Band kommt und über mehrere in der Kirche verteilte Lautsprecher erklingt. Es handelt sich also um Kunst. Fast ist man ein bisschen enttäuscht darüber und dann umso mehr gefesselt davon, was Kunst in ihren guten Momenten kann.
Irene Hopfgartners vogelleichte Installation in der Michaelskirche lässt einen auf unangestrengte Weise an einem uralten Traum der Transzendenz partizipieren: nämlich, wie man durch Verwirrung der Sinne Klarhait gewinnt und gleichzeitig spinnt sie ein altes ikonoklastisches Motiv wieter: Jede Fixierung es Göttlichen im Bild muss notwendig scheitern. Der Ursprung meint, auch hier, das Ziel. Wenn man den Diskurs theologsch führen will, könnte das fromme Vögelchen ein ironischer Hinweis auf das Mysterium des Heiligen Geistes sein. Kunsthistorisch denkt man natürlich an Engel, von denen viele tierischer Herkunft sind.
Heinrich Schwarzer, Kulturjournalist